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Nach der kapitalistischen Logik, muss jedes Individuum - dies kann eine Person sein, ein Unternehmen oder eine Nation, - ausschließlich auf seine eigene Entwicklung und auf seinen eigenen Vorteil bedacht sein. Das allerwichtigste Kriterium in diesem Krieg ist "Produktion". Die besten Produzenten überleben, die Schwachen und Inkompetenten werden eliminiert und verschwinden. Indem das System derart gestaltet ist, hat man vergessen, dass jene, die in diesem harten Wettbewerb eliminiert werden und in Armut leben müssen, Menschen sind. Worauf es Wert ist, die Aufmerksamkeit zu richten, sind nicht die Menschen, sondern wirtschaftlicher Fortschritt und Waren, die Produkte dieses Fortschritts. Daher kennt die kapitalistische Mentalität keine ethische Verantwortung und kein Bewusstsein für die Menschen, die im Kapitalismus untergehen und nur unter großen Schwierigkeiten weiterleben können. Dies ist Darwinismus, wenn er unter ökonomischen Gesichtspunkten in die Gesellschaft eingeführt wird.
Indem die herausragenden Theoretiker des Sozialdarwinismus postulierten, es sei notwendig, den Wettbewerb in allen Teilen der Gesellschaft zu ermutigen, und indem sie verkündeten, es sei notwendig, die Schwachen der Gesellschaft in keinem Bereich zu unterstützen, nicht im Gesundheitswesen und nicht wirtschaftlich, gaben sie dem Kapitalismus ein "philosophisches" und "wissenschaftliches" Funda-ment. Nach Tille zum Beispiel, einem herausragenden Repräsentanten der darwinistisch-kapitalistischen Mentalität, war es ein großer Fehler, der Armut vorzubeugen, indem man den "unterlegenen Klassen" half, denn damit habe man sich eingemischt in die natürliche Selektion, die Voraussetzung sei für die Evolution.119
Spencer, der diese Moral verteidigte, vollendete sein Werk Sozialstatistiken [Social Statistics] im Jahr 1850 und lehnte sämtliche staatlichen Fürsorgesysteme ab, Gesundheitsfürsorge, staatliche Schulen und obligatorische Schutzimpfungen. Nach dem Sozialdarwinismus leitet sich die soziale Hierarchie aus dem Kampf ums Überleben ab. Unterstützte man die Schwachen und ermöglichte ihnen so das Überleben, so durchbrach man dieses Prinzip. Die Reichen sind reich, weil sie fähiger sind; einige Nationen regieren andere Nationen, weil sie ihnen überlegen sind, einige Rassen werden von anderen Rassen unterjocht, weil die anderen intelligenter sind als sie selbst. Spencer sah die Anwendung dieser Doktrin auf menschliche Gesellschaften so: Wenn sie mit genügenden Fähigkeiten ausgestattet sind zu leben, dann leben sie und es ist gut dass sie leben. Wenn sie nicht mit genügenden Fähigkeiten ausgestattet sind zu leben, dann sterben sie, und es ist am besten, wenn sie sterben.120
Graham Sumner, Professor für politische und soziale Wissenschaf-ten an der Yale-Universität, war der Sprecher des Sozialdarwinismus in Amerika. In einer seiner Schriften fasste er seine Gedanken über menschliche Gesellschaften in diese Worte:
... lassen wir einen Menschen aufsteigen, so brauchen wir ein Procedere, eine vorbestimmte Reaktion. Für die Gesellschaft heißt das, wenn wir einen Menschen aufsteigen lassen, müssen wir einen anderen hinunter stoßen.121
Richard Milner, Chefredakteur des vom New Yorker amerikanischen Museum für Naturgeschichte herausgegebenen Natural History Magazine, schreibt:
Einer der führenden Sprecher des Sozialdarwinismus, William Graham Sumner von Princeton glaubte, Millionäre seien die "fähigsten" Individuen einer Gesellschaft und verdienten daher ihre Privilegien. Sie seien "durch natürliche Auslese aus dem Wettbewerb hervorgegangen".122
Wie aus diesen Einlassungen hervorgeht, benutzten Sozialdarwini-sten Darwins' Evolutionstheorie als "wissenschaftlichen" Kommentar zu kapitalistischen Gesellschaften. Als Folge davon verloren die Menschen die Konzepte, die ihnen die Religion gebracht hatte, wie gegenseitige Hilfe, Menschenfreundlichkeit und Zusammenarbeit. Sie ersetzten sie durch Selbstsucht, Gerissenheit und Opportunismus. Folgt man dem amerikanischen Professor E. A. Ross, einem der wichtigsten Theoretiker des Sozialdarwinismus, so "formte der christliche Wohltätigkeitskult ein Obdach, unter das Idioten und Kretins gekrochen sind und sich vermehrt haben." Eine weitere Ansicht von Ross ist: "Der Staat nimmt die Taubstummen in seine schützenden Arme, und eine Rasse von Taub-stummen ist im Entstehen begriffen." Alle solche Maßnahmen ablehnend, weil sie den natürlichen Evolutionsprozess behinderten, erklärte Ross: "Der schnellste Weg, diese Welt in einen Himmel zu verwandeln ist, die so veranlagten schnellstens zur Hölle gehen zu lassen." 123
Und von ihrem Vermögen war ein Teil für den Bittenden und den verschämten Armen. (Sure 51:19 - adh-Dhariyat) |
Aus diesem Grund waren die eifrigsten Verfechter des Sozialdar-winismus die Kapitaleigner. Der Aufstieg der Starken, die auf den Schwachen herumtrampelten, und die darauf folgende Wirtschaftspoli-tik war weit entfernt von Gefühlen wie Mitgefühl und Hilfsbereitschaft. Dieses Benehmen war nun akzeptiert, weil es mit "wissenschaftlichen Erklärungen" und "Gesetzen der Natur" übereinstimmte.
Wie Richard Hofstadter, Autor des Buches Social Darwinism in American Thought [Sozialdarwinismus im amerikanischen Denken], beschrieb, erklärte der Eisenbahnmagnat des 19. Jahrhunderts, Chauncey Depew, dass die Männer die in New York City zu Ruhm, Reichtum und Einfluss kamen, die Sieger des Überlebenskampfs repräsentierten, durch "überlegene Begabung, Weitsicht und Anpassungsfähigkeit".124 Ein anderer Eisenbahnbaron, James J. Hill, soll gesagt haben, "dass die Vermögen der Eisenbahngesellschaften bestimmt werden durch das Gesetz vom Überleben des Stärkeren". 125
Andrew Carnegie, ein anderer maßgeblicher Kapitaleigner in Amerika, drückt seinen Glauben an die Evolution mit den Worten aus: "Ich hatte die Wahrheit der Evolution herausgefunden."126 An anderer Stelle schrieb er:
MENSCHEN LEIDEN AN HUNGER Trotzdem es genügend Vorräte auf der Welt gibt, bleiben Millionen Kinder aufgrund der kapitalistischen Mentalität dem Hungertod überlassen. |
In seinem Artikel Darwin's Three Mistakes [Die drei Fehler Darwins] enthüllt der evolutionistische Wissenschaftler Kenneth J. Hsü das Denken der herausragenden amerikanischen Kapitalisten:
Der Darwinismus wurde auch benutzt, um den individuellen Wettbewerb und seinen ökonomischen Auswuchs in Gestalt des laissez-faire-Kapitalismus in England und Amerika zu verteidigen. Andrew Carnegie schrieb, dass "das Gesetz des Wettbewerbs, sei es nun gut oder nicht, es existiert und wir können es nicht umgehen". Rockefeller ging noch einen Schritt weiter als er sagte: "Das Wachstum eines großen Unternehmens beruht lediglich auf dem Überleben des Stärkeren, es ist nur die Auswirkung eines Naturgesetzes." 128
Es ist hochinteressant, das amerikanische Stiftungen wie die Rockfeller Foundation und die Carnegie Institution, einen substantiellen Beitrag für die Forschungen über Evolution leisten.
Wie aus dem, was bisher erklärt worden ist zu ersehen war, brachte der Kapitalismus die Menschen dazu, nur noch das Geld anzubeten und die Macht, die es verleiht. Indem religiöse und ethische Werte als nichtig erachtet wurden, begannen Gesellschaften, die durch evolutionistische Anregungen beeinflusst waren, Wert auf materiellen Besitz zu legen, und sie gewannen Abstand von Werten wie Mitgefühl, Barmherzigkeit und Aufopferung.
Diese kapitalistische Moral hat sich in unseren Tagen in fast allen Gesellschaften durchgesetzt. Darum wird den Armen, den Hilflosen und den Verkrüppelten die Nächstenliebe verweigert, es wird nicht für sie gesorgt und sie werden nicht beschützt. Selbst wenn sie Opfer tödlicher Krankheiten werden, werden sie nicht menschenwürdig behandelt und sie bekommen keine Hilfe um sich wieder zu erholen. Der Arme wird seiner Krankheit und dem Tod überlassen. In vielen Ländern wird Kinderarbeit geduldet, und diese Kinder haben keine sozialen Rechte.
Und die unter euch, die grosses Vermögen besitzen, sollen nicht schwören, ihren Verwandten und den Armen und denen, die auf Allahs Weg ausgewandert sind, nichts mehr zu geben, sondern Nachsicht üben und verzeihen. Wünscht ihr nicht, dass Allah euch vergibt?(Sure 24:22 - an-Nur) |
Kurz gesagt, die Evolutionstheorie befreite den Übeltäter von seinem Gewissen. Dass skrupelloseste Verhalten gegenüber einem Wettbewerber musste nicht mehr gerechtfertigt werden, Böses konnte gutgeheißen werden.129
H. Enoch schrieb in seinem Buch Evolution or Creation [Evolution oder Schöpfung]:
Professor J. Holmes sagt: "Würde man den Darwinismus strikt anwenden, so würde sich die Messlatte dafür, was gut ist, ausschließlich nach dem Grad der Fähigkeit zum Überleben richten... Das ist das Gesetz des Dschungels, wo Macht gleich Recht ist und der fähigste überlebt. Ob Geschicklichkeit und Grausamkeit, Feigheit oder Betrug, was auch immer den einzelnen befähigt zu überleben, ist gut und richtig für ihn und die Gesellschaft." 130
Wie wir gesehen haben, stehen Religionslosigkeit und der sie ermunternde Darwinismus hinter all den Menschen, Systemen und Ideologien, die Sorgen, Probleme, Schmerz und Hoffnungslosigkeit über die Welt gebracht haben, besonders in den vergangenen 150 Jahren. Diejenigen, die glaubten, sie könnten ihre Interessen wahren in der selbstsüchtigen und rücksichtslosen Umgebung, die der Mangel an Religion hervorgebracht hat, sahen den Darwinismus als Rettungsanker für sich selbst.
Sie waren sich dessen nicht bewusst, doch diese Menschen, die glaubten dass sie dabei seien, der Menschheit eine große Falle zu stellen, bereiteten diese Falle nur für sich selbst. Denn ganz gleichgültig, wie sehr sie sich anstrengen in ihrem Überlebenskampf, es gibt nur einen Richter, einen Herrn und Meister, ob für sie selbst, für die ganze Welt, für alles was sie versuchen zu besitzen, für die Führer, denen sie nachlaufen oder für die Ideologien und "Ismen" an die sie glauben. Dieser eine Richter, diese eine Kraft ist Allah, und nicht die vergängliche Macht und die flüchtigen Gelegenheiten, die den Menschen gegeben werden, die Dinge, die sie sich so rücksichtslos aneignen, indem sie andere im Schweiße ihres Angesichts unterdrücken. Der Reichtum, die Kraft und die Stärke, die der Mensch glaubt selbst erlangt zu haben, sind ihm in Wahrheit von Allah gegeben worden, um ihn in Versuchung zu führen. Es spielt keine Rolle, wie sehr er auch glauben mag, dass er sich in einer Arena befindet, in der die Schwachen untergehen und die Starken siegreich bleiben, tatsächlich lebt der Mensch nur, um die Prüfung zu bestehen, die Allah ihm auferlegt hat. Allah offenbart in einem Vers, dass Er die Menschen durch die Gelegenheiten, die Er ihnen bietet, in Versuchung führt: